Am 30. November las Norbert Hummelt im Marburger Kunstmuseum seinen Text, den er während seines Stipendiums in Goßfelden geschrieben hat und den er dem Literaturverein „Zwei Raben“ zur Erstveröffentlichung überlässt.
Samira Idrisu vom Kunstmuseum und Moderatorin Alexandra Klusmann vom Literaturverein begrüßten die rund 60 Gäste zu dieser Veranstaltung, die im Zusammenhang mit der aktuellen Ausstellung „Die Landschaft Ubbelohdes – hier und jetzt“ steht.
Zur Einführung in die Lesung erläuterte der Vorsitzende der Ubbelohdestiftung, Ludwig Rinn, anhand der Bleistiftzeichnung Ubbelohdes „Berghang mit hoher Kiefer“ (Katalog Nr. 127), wie der Maler mit dieser Technik eine Durchlässigkeit erreicht in der Absicht, über das Ausschnitthafte eines Bildes hinaus die Ganzheit der Natur zu zeigen.
Die Besucher waren gespannt auf auf Hummelts Essay „Die Lehre des Weißenstein. Eines jener stillen Gespräche. Zu Zeichnungen und Gemälden von Otto Ubbelohde“. Der Maler war dem Schriftsteller nicht unbekannt. Zwei Bände mit Gedichten von Joseph von Eichendorff, die er immer bei sich habe, sind mit Zeichnungen von Ubbelohde illustriert. So sei die Beschäftigung mit Ubbelohde über den Umweg seiner Liebe zu Eichendorffs Gedichteentstanden. Die Zeichnungen – eine Auftragsarbeit des Verlegers Herman Wiechmann – seien nach Meinung Hummelts zur Illustration nicht notwendig. Gedichte erzeugten ihre eigenen Bilder. Sein Interesse an Ubbelohdes Bildern gelte eher dem Wiedererkennen der Landschaft, und da besonders dem Weißenstein, eine Erhebung zwischen Goßfelden und Wehrda. So unternahm der Autor viele Spaziergänge in Goßfelden und Umgebung und suchte nach den Orten, die der Maler vor mehr als hundert Jahren als Motive vor sich gesehen haben könnte.
Norbert Hummelt erzählte im anschließenden Gespräch mit Alexandra Klusmann unter anderem, dass er sich am liebsten mit Lyrik beschäftige. Viele Gedichte, die man in- und auswendig kenne, begleiten einen durchs Leben. In Bezug auf Eichendorff kam zur Sprache, dass der „Wald“ in der Romantik das Symbol einer ersehnten heilen und träumerischen Welt gewesen war und auch heute noch ein Sehnsuchtsort der Deutschen sei.
Auf die Frage der Moderatorin, welche Eindrücke er von seinem Aufenthalt in Goßfelden mit nach Berlin nehme, erfuhren die Zuhörer, dass es für ihn eine Premiere gewesen sei, in unmittelbarer Nähe eines Flusses zu leben. Auch den Herbst und den ersten Schnee auf dem Land habe er lange nicht mehr erlebt. In einige Gedichten, die er während seines Aufenthalts im Ubbelohdehaus geschrieben habe, seien Eindrücke und Erlebnisse aus dieser Zeit eingeflossen.
Es machte Spaß, diesem neuen Blick – dem Blick von Norbert Hummelt – auf Altbekanntes zu folgen, und das Publikum spendete langanhaltenden Applaus. Norbert Hummelt beendet seinen Aufenthalt in der Autorenresidenz am 12. Dezember.
Die Veranstaltung war eine Kooperation des Kunstmuseums Marburg mit dem Literaturverein „Zwei Raben: Literatur in Oberhessen e.V.“.
Text: Else Funke
Foto: Imogen Grönninger, Kunstmuseum